Iron Savior – Titancraft

Wertung:
5.5/7
Info:
VÖ: 20. Februar 2016
Label: AFM Records
Spielzeit: 00:50:50
Line-Up:
Piet Sielck – Vocals, Guitar
Joachim „Piesel“ Küstner – Guitar
Jan-Sören Eckert – Bass
Thomas Nack – Drums
Tracklist:
Under Siege [Intro]
Titancraft
Way Of The Blade
Seize The Day
Gunsmoke
Beyond The Horizon
The Sun Won’t Rise In Hell
Strike Down The Tyranny
Brother In Arms
I Surrender
Rebellious
Es ist nicht so lange her, da äußerte sich der selbsternannte deutsche Film-und Fernseh-Platzhirsch Til Schweiger umfassend über sein Verständnis der „Craft [Materie]“, weil ihm die Meinungen über seinen Hamburg-Tatort übel aufstießen. Wie, das gehört nicht hier her? Tut es ja doch! Schweigers Nick Tschiller ballert sich nämlich durch die Straßen von Hamburg. Aus Hamburg stammen auch die Power Metal-Veteranen IRON SAVIOR und weil die „Craft“ gar nicht so besonders sein kann, wenn selbst Herr Schweiger sich dazu auslassen darf, versuchen die es gleich mit der „Titancraft“. Anders als Til Schweiger haben sie aber auch wirklich Ahnung von der Materie.
„Die Craft verstanden“
Eingeleitet vom üblichen Bombast-Intro gibt’s mit dem eröffnenden Titeltrack sogleich Melodien und Dual-Gitarren auf die Ohren, wie sie nur Piet Sielck schreibt. Obwohl in der Strophe dann unerwarteterweise erstmal einen Gang zurück geschaltet wird, ist „Titancraft“ damit ein IRON SAVIOR-Song aus dem Bilderbuch und zeigt, dass die Hamburger kein bisschen ihrer Energie verloren haben. Als erste Nummer funktioniert dieser Song also wunderbar, allerdings hat „Titancraft“ noch so viel mehr zu bieten, als das Titelstück verrät: Wie gut IRON SAVIOR 2016 wirklich klingen, zeigt sich nämlich erst ab dem nachfolgenden „Way Of The Blade“, welches vermutlich einer der besten Songs ist, die die Band überhaupt jemals geschrieben hat. Insgesamt zeigen sich Bandkopf Sielck und seine Mannschaft auf „Titancraft“ deutlich verspielter und eine ganze Ecke experimentierfreudiger als in der Vergangenheit – da erklingt zwischen den geballten Riff-Attacken auch mal die unverzerrte Gitarre, das hymnische „Seize The Day“ kommt mit seinem triolischen Beat geradezu leichtfüßig um die Ecke und in der Ballade „I Surrender“ versuchen IRON SAVIOR überhaupt mal was ganz Anderes. Da es sich bei den Herren um ganz hervorragende Musiker handelt, klappt das natürlich auch, allerdings merkt man der Nummer durchaus an, dass es sich hier nicht um die Wohlfühlzone der Hanseaten handelt. So wird deutlich, dass der Aufbruch in neues musikalisches Territorium, den IRON SAVIOR auf „Titancraft“ vollziehen – natürlich stets innerhalb der Grenzen ihres gewohnten Sounds – hin und wieder etwas gewöhnungsbedürftig ausfällt und so dürfte auch ein Song wie „Beyond The Horizon“ mehr als einen Durchlauf benötigen, ehe er bei eingeschworenen Fans der Band zündet. Das Gesamtbild wird hiervon allerdings höchstens minimal getrübt, denn die Burschen aus der Hansestadt loten in etlichen Songs zwar etwas andere Facetten ihres bekannten Sounds aus, allerdings sind alle stilbildenden Elemente natürlich nach wie vor vorhanden: IRON SAVIOR punkten wie immer mit bockstarken Leadgitarren, die gerne gedoppelten Melodiebögen sorgen durchgehend für Gänsehaut und manch ein Refrain auf „Titancraft“ animiert sofort zu lautem Mitgrölen und empor gereckter Faust – man höre hierzu etwa „The Sun Won’t Rise In Hell“. Und bevor nun allzu große Missverständnisse auftreten: Obwohl IRON SAVIOR ihre gewohnte Rezeptur etwas aufpeppen, ist ihr neues Album immer noch voll mit typischem, zeitlosem Material wie dem Midtempo-Stampfer „Gunsmoke“, der True Metal-Hymne „Strike Down The Tyranny“ oder auch dem Rausschmeißer „Rebellious“. Die bieten hier auch ein schönes Gegengewicht zu den „progessiveren“ Momenten auf „Titancraft“.
Seit sie mit ihrem Comeback-Werk „The Landing“ wie Phönix der Asche entstiegen sind, haben IRON SAVIOR live wie im Studio ein geradezu erschreckend hohes Niveau gehalten und auch mit „Titancraft“ verteidigen Piet Sielck und seine Mitstreiter ihren Ruf als eine der wichtigsten Power Metal-Bands der Republik mit Bravour. Bei derart penibler Qualitätskontrolle sollte auch ein breiteres Publikum in den Genuss des Materials kommen, weshalb zu hoffen bleibt, dass IRON SAVIOR endlich eine ausgewachsene Tour auf die Beine stellen können. Vielleicht ja mit PARAGON…
Thomas Meyns / 16.05.2016