The Saints – Nothing Is Straight In My House
Wertung:
5.5/7
Info:
VÖ: 25. April 2005
Spielzeit: 00:00:00
Line-Up:
Tracklist:
01. Porno Movies
02. A Madman Wrecked My Happy Home
03. Nothing Is Straight In My House
04. Digging A Hole
05. I Couldn’t Help Myself
06. Paint The Town Electric
07. Nylon Pirates
08. Bang On
09. Taking Tea With Aphrodite
10. Passing Strange
11. Garden Dark
12. Where Is My Monkey?
13. Nothing Is Straight (Slight Return)
„Lebt im Gestern für den Knaller von heute“
Ein erster Blick in die Biographie von THE SAINTS hat mich gleich erbleichen lassen: da gibt es also eine Band, die genauso alt ist wie die SEX PISTOLS und scheinbar auch ähnlich erfolgreich – die aber im Vergleich zu den Pistols auch heute noch Alben rausbringt – , von der ich allerdings zugegebenermaßen noch nie zuvor gehört habe. Wie mag das wohl klingen? Aktuelle Musik für den Geschmack von gestern, oder haben wir hier eher eine Band, die vergessen hat, dass man den Zenit im Laufe einiger Jahrzehnte irgendwann auch mal überschritten hat und die sich nur nicht zum Aufhören durchringen kann, oder ist die Musik am Ende sogar modern? Das gilt es nun herauszufinden, und so wirft man die CD erstmal gespannt in die Anlage….
Und ich darf gleich anmerken: direkt bei den ersten Takten war ich schon begeistert und extrem angetan, weil ich nicht wusste, daß diese Art Musik heutzutage überhaupt noch produziert wird. Mit rotziger Stimme wird einem hier feinster 70er Jahre-Midtempo-Punk mit einem dicken Schuss Rock’n’Roll auf einem leicht verstaubten Soundtablett serviert, was das Nostalgiegefühl gleich auf 100% schraubt. Gerade die ersten drei Lieder stehen dabei von ihrer gesamten Art her auf einer Stufe mit alten RAMONES (welchen damals übrigens schon eine frappierende Ähnlichkeit zu den Heiligen nachgesagt wurde), wobei sich musikalisch irgendwie von allem etwas finden lässt, was auch nur halbwegs Rang und Namen hatte und bis heute hat, von den STONES bis THE CLASH und an manchen Stellen vielleicht auch die eine oder andere Prise THE WHO. Wobei man auch anmerken muss, dass der Punkanteil im Laufe der Platte immer weiter abnimmt und sich der Rock immer mehr durchsetzt. Für meinen persönlichen Geschmack finden sich deshalb die größten Knaller der Platte auch in der ersten Hälfte, was allerdings sicherlich Geschmackssache ist, und womit wir auch schon die Frage beantwortet hätten, ob die Platte abwechslungsreich ist oder nicht.
Stimmlich wissen THE SAINTS ebenfalls voll und ganz zu überzeugen. Die allerreinste Singstimme hat Chris Bailey vielleicht nicht gerade und ein Casting bei den Popstars kann er sich getrost abschminken – daß man für diese Art Musik hier allerdings beileibe kein Goldkehlchen braucht, haben THE CLASH, Mick Jagger und auch die PISTOLS ja ausreichend bewiesen.
Für die nötige Abwechslung sorgen neben den Punk- und Rockwechseln auch die Balladen, die mit vier von 13 Liedern zu Buche schlagen und für mich persönlich so auf einem Punk’n’Roll-Album einen zu großen Anteil einnehmen, wobei zwei davon allerdings auch mit absoluten Hammerqualitäten ausgestattet sind. So findet sich bei „I Couldn’t Help Myself“ eine der musikalisch schönsten Strophen, die ich je bei einer Ballade gehört habe, und „Garden Dark“ überzeugt durch seine zeitlose Schönheit und einem so phantastischen Umgang mit der Sologitarre, dass Erinnerungen an LED ZEPPELIN aufkommen und sich in einer handfesten Gänsehaut manifestieren. Über die beiden anderen Balladen hülle ich jetzt mal den Mantel des Schweigens – schön sind sie schon, aber auch irgendwie unnötig, zumal sie dann auch immer gleich im Doppelpack kommen (Lieder 4 und 5 sowie 10 und 11).
Fazit: ein großartiges Album, das viel Abwechslung bietet und gerade richtig kommen dürfte für Leute, die immer behaupten, früher war eh alles besser. THE SAINTS machen Musik, die im ‘Gestern’ lebt und schwelgt, und es ist gut zu wissen, dass es sowas auch heutzutage noch gibt.
sherry / 18.04.2005